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Haushaltsführungsschaden eines volljährigen berufstätigen, bei den Eltern lebenden Kindes

Das OLG Saarbrücken hat in seinem Urteil vom 01. Juni 2017 – 4 U 122/16 –, entschieden, dass auch das noch im Haushalt der Eltern lebende, volljährige und berufstätige Kind kann unter dem Aspekt vermehrter eigener Bedürfnisse, § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB, einen Anspruch auf Ersatz seines Haushaltsführungsschadens geltend machen kann.

In dem Verlust der Fähigkeit, weiterhin Haushaltsarbeiten zu verrichten, liege ein ersatzfähiger Schaden. Er stelle sich je nachdem, ob die Hausarbeit als Beitrag zum Familienunterhalt oder den eigenen Bedürfnissen des Verletzten diente, entweder als Erwerbsschaden i. S. des § 843 Abs. 1 Alt. 1 BGB oder als Vermehrung der Bedürfnisse i. S. des § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB dar. In dem einen wie dem anderen Fall sei der Schaden messbar an der Entlohnung, die für die verletzungsbedingt nicht mehr ausführbaren oder nicht mehr zumutbaren Hausarbeiten an eine Hilfskraft gezahlt werde (dann Erstattung des Bruttolohns) oder, wenn etwa Familienangehörige oder Freunde einspringen, gezahlt werden müsste (dann Orientierung am Nettolohn; vgl. BGHZ 86, 372, 375 ff.; 104, 113, 120 f.). Zu diesem Zweck sei festzustellen, für wie viel Stunden nunmehr eine Hilfskraft benötigt werde oder – bei anderweitigem Ausgleich des Hausarbeitsdefizits – benötigt würde (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1989 – VI ZR 247/88 -, VersR 1989, S. 1273, 1274).

Zwar könne das im Haushalt der Eltern wohnende, volljährige und berufstätige Kind keinen Haushaltsführungsschaden nach § 843 Abs. 1, Alt. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Erwerbsschadens geltend machen, da das Kind, welches seine volle Arbeitskraft für eine eigene entgeltliche Berufstätigkeit einsetzt, keine Verpflichtung zur Mitarbeit gemäß § 1619 BGB mehr treffe (vgl. Doukoff in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl. 2016, § 843 BGB, Rn. 127). Jedoch könne dies unter dem Gesichtspunkt vermehrter eigener Bedürfnisse, § 843 Abs. 1, Alt. 2 BGB Ansprüche geltend machen (so Saarländisches Oberlandesgericht, a.a.O., wo zwar kein Anspruch mit Blick auf Unterhaltsleistungen für andere Familienmitglieder aber ein solcher aufgrund vermehrter eigener Bedürfnisse zugesprochen wurde; Delank, NZV 2002, S. 392, 393; Pardey, Der Haushaltsführungsschaden, 8. Aufl. 2013, S. 32; a.A. ohne nähere Begründung Greger/Zwickel in: Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, § 29, Rn. 151). Die Konstellation sei insoweit einem Single-Haushalt vergleichbar, für welchen ein Anspruch auf Erstattung des Haushaltsführungsschadens anerkannt ist. Es könne keinen haftungsrechtlich relevanten Unterschied darstellen, ob der eigene Haushalt in eigenen bzw. angemieteten Räumen oder noch in Räumen des elterlichen Anwesens geführt wird. Um den Sinn und Zweck der Zuerkennung eines Haushaltsführungsschadens in diesen Fällen zu gewährleisten, werden jedoch regelmäßig strenge Anforderungen an die Darlegung – und ggf. den Beweis – des Vorliegens einer eigenständigen Haushaltsführung zu stellen sein.